In einer zunehmend digitalisierten Welt tragen immer mehr Menschen smarte Geräte direkt am Körper: Smartrings, Smartwatches, Fitnessbänder oder andere sogenannte Wearables. Diese kleinen Geräte sind leistungsstark: Sie messen Schritte, Schlafqualität, Herzfrequenz, Stresslevel und vieles mehr. Ergänzt wird das Ganze oft durch das Smartphone, das als Schaltzentrale dient – hier laufen alle Daten zusammen, werden analysiert, visualisiert und gespeichert. Das klingt nach Fortschritt und persönlicher Optimierung. Doch was passiert mit all diesen sensiblen Informationen im Hintergrund? Wer nutzt sie – und zu welchem Zweck?
Daten als neue Währung
In der digitalen Welt gelten Daten als das neue Gold – oder besser gesagt: als die neue Währung. Für viele Unternehmen sind Nutzerdaten heute wertvoller als der direkte Verkauf eines Produkts. Das gilt besonders im Bereich der Wearables, also Geräten wie Smartrings, Smartwatches oder Fitness-Trackern. Was vordergründig nach praktischer Gesundheitsunterstützung aussieht, ist häufig Teil einer ausgeklügelten Datenstrategie.
Wearables zeichnen mit hoher Genauigkeit auf, wie viel wir uns bewegen, wie gut wir schlafen, wie oft unser Herz aus dem Takt gerät oder ob unser Stresslevel steigt. Diese Informationen sind – aus Sicht der Industrie – ein wertvoller Rohstoff. Sie können genutzt werden, um Produkte zu verbessern, individuelle Empfehlungen zu geben oder neue Geschäftsmodelle zu entwickeln. Vor allem aber ermöglichen sie gezielte Werbung: Wer etwa erkennt, dass ein Nutzer regelmäßig schlecht schläft, kann diesem gezielt Schlafmittel, Meditations-Apps oder Gesundheitsprodukte vorschlagen.
Die Verlockung für Hersteller ist groß, diese Daten nicht nur zur Produktentwicklung zu nutzen, sondern auch zu monetarisieren – etwa durch Kooperationen mit Drittanbietern oder durch das Erstellen von Nutzerprofilen für Werbezwecke. Und auch wenn viele Unternehmen betonen, dass sie nur anonymisierte Daten verwenden, gibt es zahlreiche Fälle, in denen aus solchen Datensätzen Rückschlüsse auf einzelne Personen gezogen werden konnten.
Der Nutzer bezahlt also – selbst wenn das Gerät ein Geschenk war – mit seinen Verhaltensdaten. Besonders heikel wird es, wenn diese Daten mit anderen digitalen Quellen wie dem Smartphone verknüpft werden. Dann entsteht ein umfassendes Bild des Nutzers: wann er aufsteht, wie er sich fühlt, wohin er sich bewegt – und sogar, ob er möglicherweise krank ist. Daten sind damit nicht nur Währung, sondern auch ein Spiegel unseres innersten Lebens.
Wo gesammelte Daten dem Nutzer tatsächlich helfen
Trotz berechtigter Datenschutzbedenken gibt es auch klare Vorteile für die Nutzer. Wearables und Smartphones bieten Funktionen, die zu einem gesünderen und achtsameren Lebensstil beitragen können. Die Vorteile sind beispielsweise:
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Früherkennung von Gesundheitsproblemen: Einige Smartwatches können Unregelmäßigkeiten im Herzrhythmus erkennen, die auf Vorhofflimmern hinweisen – ein möglicher Risikofaktor für Schlaganfälle.
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Motivation durch Feedback: Schrittzähler, Aktivitätsringe oder Schlafauswertungen helfen dabei, persönliche Gesundheitsziele zu erreichen oder zu überdenken.
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Verhaltensanalyse und Selbstoptimierung: Nutzer können über längere Zeiträume Trends erkennen – etwa in Bezug auf Schlafqualität, Trainingsfortschritt oder Stressmuster.
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Integration in medizinische Betreuung: Einige Systeme lassen sich in digitale Gesundheitsakten integrieren und können Ärzten wertvolle Hinweise liefern – vorausgesetzt, der Nutzer stimmt der Verwendung aktiv zu.
Insofern haben die Daten einen echten Mehrwert – wenn sie verantwortungsvoll genutzt und vom Nutzer selbst kontrolliert werden können.
Wer hat Zugriff?
Die meisten Anbieter sichern sich in ihren AGBs (die kaum jemand liest) umfangreiche Nutzungsrechte an den erhobenen Daten. Das bedeutet: Auch wenn der Nutzer glaubt, die Kontrolle zu behalten, können die Daten für Produktverbesserungen, Forschungszwecke oder sogar für gezielte Werbung genutzt werden. Im schlimmsten Fall werden sie weiterverkauft – zum Beispiel an Partnerunternehmen oder Datenhändler.
Und selbst wenn Unternehmen versprechen, Daten nur anonymisiert weiterzugeben, sind Experten skeptisch: Mit genug Informationen lassen sich oft Rückschlüsse auf einzelne Personen ziehen. Besonders kritisch wird es, wenn Gesundheitsdaten ins Spiel kommen – ein besonders sensibler Bereich, der unter anderem durch die DSGVO (Datenschutz-Grundverordnung) in Europa eigentlich besonders geschützt ist.
Das Smartphone – die größte Datenquelle im Alltag
Obwohl Wearables wie Smartrings und Smartwatches im Fokus vieler Datenschutzdiskussionen stehen, ist und bleibt das Smartphone die wohl umfassendste Quelle für personenbezogene Daten im Alltag. Es begleitet uns von morgens bis abends, oft sogar nachts auf dem Nachttisch, und sammelt dabei kontinuierlich Informationen über unser Verhalten, unsere Vorlieben, unsere Kontakte – kurzum: über unser gesamtes Leben.
Das Smartphone weiß in der Regel, wo wir uns befinden, wie schnell wir uns bewegen, mit wem wir kommunizieren, welche Webseiten wir besuchen, was wir einkaufen und welche Apps wir nutzen. Durch Sensoren wie GPS, Mikrofon, Kamera, Beschleunigungsmesser und Gyroskop wird jeder Schritt registriert. Hinzu kommen Kalenderdaten, Notizen, Sprachbefehle, biometrische Entsperrmuster und vieles mehr. Viele dieser Daten werden automatisch mit Cloud-Diensten synchronisiert oder an App-Betreiber übermittelt – häufig ohne dass Nutzer sich dessen bewusst sind oder genau nachvollziehen können, welche Informationen wohin fließen.
Besonders problematisch ist, dass viele Apps unnötig weitreichende Zugriffsrechte einfordern. Eine einfache Taschenlampen-App etwa fragt nach Standort und Mikrofonzugriff – was für die Funktion völlig irrelevant ist. Diese Rechte werden dann für das Erstellen umfassender Nutzerprofile genutzt, die oft an Werbenetzwerke oder Datenhändler weitergegeben werden.
Im Zusammenspiel mit Wearables vervielfacht sich das Datenschatzpotenzial nochmals: Das Smartphone dient als zentrale Sammelstelle, auf der alle Sensordaten zusammenlaufen, analysiert und langfristig gespeichert werden. So entsteht ein digitales Profil, das präziser und vollständiger ist als alles, was Menschen jemals freiwillig über sich erzählen würden – oft ohne zu wissen, dass sie es gerade tun.
Was sind die Risiken?
Die Risiken, die mit der Nutzung von Wearables und anderen datensammelnden Geräten wie Smartphones einhergehen, sind vielfältig – und oft weniger offensichtlich, als man denkt. Während viele Nutzer sich über den Komfort und die Einblicke in ihre Gesundheit freuen, entsteht im Hintergrund ein digitales Abbild ihrer Persönlichkeit, das in die falschen Hände geraten oder missbraucht werden kann.
Ein zentrales Risiko ist der Datenmissbrauch durch Dritte. Selbst wenn ein Unternehmen beteuert, die gesammelten Daten nur intern zu verwenden, können Sicherheitslücken oder Leaks dazu führen, dass sensible Gesundheitsdaten öffentlich werden oder auf dem Schwarzmarkt landen. Besonders kritisch ist das bei biometrischen Daten, die im Gegensatz zu Passwörtern nicht einfach geändert werden können.
Ein weiteres Risiko liegt in der Profilbildung. Durch die Kombination von Bewegungs-, Gesundheits- und Verhaltensdaten lassen sich detaillierte Persönlichkeitsprofile erstellen – mit potenziellen Folgen für Versicherungsbeiträge, Kreditwürdigkeit oder Bewerbungsverfahren. Wenn ein Unternehmen beispielsweise erkennt, dass jemand regelmäßig ein erhöhtes Stresslevel aufweist oder sich zu wenig bewegt, könnten Rückschlüsse auf Krankheitsrisiken gezogen und darauf basierende Entscheidungen getroffen werden – etwa höhere Prämien bei einer Lebensversicherung.
Auch das ständige Tracking birgt Gefahren für die Privatsphäre. Viele Nutzer sind sich nicht bewusst, dass sie durchgehend überwacht werden: Standortdaten, Schlafzeiten, Interaktionen mit Apps – all das wird in der Regel in Echtzeit erfasst und gespeichert. Wer zusätzlich sein Smartphone mit dem Wearable koppelt, erhöht den Umfang der erfassten Daten enorm.
Nicht zuletzt besteht ein gesellschaftliches Risiko: Die Normalisierung dieser Überwachung kann dazu führen, dass Menschen sich immer weniger Gedanken über den Wert ihrer Privatsphäre machen – bis es irgendwann zu spät ist.
Welche Regeln hat die EU zum Sammeln von Daten aufgestellt?
Die Datenschutz-Grundverordnung (DSGVO), die seit 2018 in der EU gilt, regelt genau, wie personenbezogene Daten erhoben, verarbeitet und gespeichert werden dürfen. Sie soll den Nutzer in den Mittelpunkt stellen und ihm Kontrolle über seine Daten zurückgeben. Zu den wichtigsten Grundprinzipien gehören:
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Datensparsamkeit: Es dürfen nur so viele Daten erhoben werden, wie tatsächlich notwendig.
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Transparenzpflicht: Unternehmen müssen klar angeben, welche Daten wozu erhoben werden.
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Recht auf Auskunft: Nutzer haben das Recht zu erfahren, welche Daten über sie gespeichert sind.
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Recht auf Löschung: Auch bekannt als „Recht auf Vergessenwerden“ – Nutzer können die Löschung ihrer Daten verlangen.
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Einwilligungspflicht: Vor allem bei sensiblen Daten – wie Gesundheitsinformationen – muss die Einwilligung freiwillig, informiert und aktiv erfolgen.
Verstöße gegen diese Regeln können mit hohen Bußgeldern geahndet werden – was bereits zu Strafen in Millionenhöhe gegen große Tech-Unternehmen geführt hat. Trotzdem zeigt die Praxis: Nicht alle Unternehmen nehmen den Datenschutz ernst, und die Durchsetzung der Regeln ist oft schwerfällig.
Was kann man tun?
Angesichts der umfassenden Datenerfassung durch Wearables und Smartphones ist die wichtigste Maßnahme, sich bewusst und informiert mit dem Thema auseinanderzusetzen. Datenschutz beginnt beim eigenen Verhalten – und mit dem Verständnis dafür, welche Daten erhoben werden und wie sie verwendet werden können.
Ein erster Schritt ist, gezielt auszuwählen, welche Geräte man nutzt. Viele große Hersteller bieten Wearables mit umfassender App-Anbindung an, bei denen die Daten automatisch in die Cloud übertragen werden. Es gibt aber auch Anbieter, die lokale Datenspeicherung ermöglichen oder besonders auf Datenschutz achten. Vor dem Kauf lohnt es sich, die Datenschutzrichtlinien zu lesen – auch wenn das mühsam erscheint. So erfährt man, ob Daten mit Dritten geteilt oder zu Werbezwecken genutzt werden.
Zudem sollten Nutzer regelmäßig die Datenschutzeinstellungen ihrer Geräte und Apps überprüfen. Oft lassen sich Funktionen wie GPS-Tracking, Pulsmessung oder Schlafanalyse individuell an- oder abschalten. Auch die Verbindung mit anderen Apps (z. B. Fitness-, Kalender- oder Ernährungsapps) sollte kritisch hinterfragt werden, da hier zusätzliche Datenverknüpfungen entstehen können.
Ein weiteres wichtiges Thema ist die Transparenz. Nutzer sollten darauf achten, ob die App offenlegt, welche Daten zu welchem Zweck erhoben werden, und ob eine einfache Möglichkeit zur Datenlöschung besteht. Laut EU-Datenschutz-Grundverordnung (DSGVO) haben Verbraucher das Recht auf Auskunft, Berichtigung und Löschung ihrer Daten – dieses Recht sollte man auch aktiv nutzen.
Wer technisch versiert ist, kann zusätzlich auf Open-Source-Alternativen setzen, bei denen der Quellcode einsehbar ist und die Datenspeicherung lokal erfolgt. Auch der bewusste Umgang mit dem Smartphone – etwa durch eingeschränkte App-Berechtigungen – kann helfen, die eigene digitale Spur deutlich zu verkleinern.
Letztlich gilt: Datenschutz ist kein Verzicht auf Technologie, sondern der selbstbestimmte Umgang damit.
Image via ChatGPT (KI-generiert)
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